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Freitag, 31. März 2006

Gebete, die die Welt nicht hört

„Der Kunde ist König. Er steht im Mittelpunkt und ist das Wichtigste in einem Unternehmen. Er sichert unsere Arbeitsplätze und wir sind ihm dafür zu Dank verpflichtet, stehen ihm stets freundlich mit Rat und Tat zur Seite. Nur ein zufriedener Kunde ist ein guter Kunde, und wird uns wieder und wieder mit seinem Besuch dafür belohnen.“
Der Scheinheilige Samariter/
Psalm 007/ Vers 0815/ Kassenbuch der Konzerne




An dieser Stelle hat Emma das Morgengebet nach der biblischen Aufforderung: „Du sollst kein falsch Zeugnis reden“ etwas modifiziert.
„So lass dich in den Arsch treten, erniedrigen und zu Worten hinreißen, die dir sonst den Magen umdrehen. Sehe in jeder Lüge etwas Gutes für deinen Arbeitgeber und danke ihm dafür, dass er den Arbeitgeberbund meidet wie der Teufel das Weihwasser. Lass deine Gedanken nicht in den Widerstand gleiten. Sei tapfer und treu, erfülle dein Tagwerk, denn du hast dir diese Scheiße selbst eingebrockt - bis in den Ruhestand, der dir Armut und Not bescheren wird. Doch dein ehrenvolles Wirken für das Wohlergehen deiner Kunden und deines Chefs, wird dich mit Stolz erfüllen und du wirst deinen krummen Rücken unter Schmerzen aufrichten, deine Plattfüße werden deine durch Krampfadern marmorierten Beine zwar kaum noch tragen, aber du wirst mit Demut und mit reinem Gewissen sagen können:
Ich war gut.“
Die heilige Emma der Motivation/
Psalm 80-60-90/Vers 4711/Buch der Korinthenkacker




Dann holt Emma tief Luft und seufzt laut ein letztes Mal bis zum Kassenschluss.
Wie schön wäre es, wirklich nur für den Kunden da zu sein. Einfach nur beraten, plaudern und verkaufen. Leider hat Emma an all ihren Arbeitsplätzen dieselbe Erfahrung gemacht: Drei Viertel des Tages sind voll gepackt mit Aufgaben, die nichts mit dem Kunden zu tun haben.
Wenn der Erste den Laden betritt, ist Emma schon einmal kräftig durchgeschwitzt und reif für das zweite Frühstück, ein Nickerchen oder gleich Feierabend.
Gegen zehn Uhr geschieht es dann meist, dass ein freundlicher Stammkunde, hinter dessen Lidern noch deutlich die Heftigkeit seiner letzten Rem-Phase zu sehen ist, ein: „Guten Morgen, meine Damen, na auch schon wach?“ trällert.
Sie nickt dann nur freundlich und schaut zu, dass sie schleunigst eine Warenpalette nach der andern mit dem Lieferschein abgleicht und in die Regale verteilt. In der Zwischenzeit hat der Bezirksleiter schon 5 Mal angerufen und irgendwelche idiotischen Zahlen verlangt, Faxbestätigungen angefordert und nachgefragt wie es denn heute so läuft.
Für Emma läuft es gut wenn sie die Ware verräumt und die neuen Bestellungen erledigt hat. Prima ist, wenn alle Preisänderungen an der Ware umetikettiert sind, die neuen Angebotsschilder hängen, der Personaleinsatzplan gemacht ist, alle Reklamationen protokolliert und zur Abholung bereit sind, der Laden gewischt ist und die diversen Dekorationen für Aktionswaren erledigt sind. Jetzt fehlen nur noch die Vorbereitungen für die Kundenverkostung von scharfem Senf am Nachmittag, das Nachfüllen der Einkaufstaschen im Kassentisch, das Einlegen einer neuen Bonrolle in einen Drucker, der sich grundsätzlich weigert seine Arbeit hinterher wieder aufzunehmen.
Ach ja, natürlich muss nebenbei immer wieder das Kühlregal neu befüllt werden und der zweite Schwung frische Brötchen wartet auch schon. Nur noch schnell Schneeräumen oder bei Regen den Hof kehren, Kartonagen entsorgen und den Müll wegschaffen.
Das ist alles irgendwie machbar wenn da nicht immer was dazwischen käme. Ständig irgendwelche unnützen Unterbrechungen. So kann doch kein Mensch seine Arbeit erledigen. Jede Arbeit muss zig Mal von vorne begonnen werden.
Und das alles wegen einer stündlich wachsenden Anzahl Kunden!

"…und die Umsatzzahlen sind unser Lohn, die Kundenfrequenz spiegelt unsere Herrlichkeit, in Ewigkeit, kein Zeitvertreib, bis dass der Ladenschluss uns scheidet. Amen."

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