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Mops-Therapie



Himbeersaft ist wohl das Wichtigste in einem gut organisierten Haushalt. Wer keinen Tropfen dieses köstlichen Nektars in seinen Gourmethallen hat, ist ein Geächteter der Nachbarschaft. Verliert schon bald sämtliche sozialen Kontakte und wird über kurz oder lang in der emotionalen Gosse enden.
Zu diesen exquisiten Mundvorräten zählen natürlich auch: Rollmöpse vorwärts gerollt, Meersalz im 125g Streuer mit Fein- und Grobstreufunktion, Süßrahmbutter mit edler Prägung, damit man sich beim Frühstück in der Gewissheit aalen kann, dass man sich die 50 Cent mehr, absolut wert ist.
Die Liste dieser Güter wäre unendlich fortzusetzen, und Kunden können wahre Wutausbrüche bekommen, wenn sie den gewünschten Artikel nicht sofort, in genau dieser Qualität, Form und Farbe erhalten. Sie drohen mit Heulkrämpfen wenn Emma eine absolut adäquate Alternative vorschlägt. Nein, das geht nicht.
Ein anderer qualitativ hochwertiger Rollmops, bei dem nicht garantiert werden kann, dass er vorwärts gerollt wurde oder etwa mit 5 anstatt 6 anderen in einem Glas rummopst, könnte Aufstoßen hervorrufen oder einen zum Gespött des Turnvereins machen.
Kam es wieder einmal zu einer unvorhergesehenen Sortimentserweiterung, die meist die entsetzlich Folge einer so genannten Umplatzierung hat, ist es für Emma ein Gang nach Kanossa, dem Kunden das gewünschte Produkt von einem anderen Regalplatz zu reichen. Dann geschieht nämlich etwas Schreckliches:
Der Käufer ist in seinem Vertrauen erschüttert, ja, völlig orientierungslos, all seinen Kaufgewohnheiten beraubt. Wie soll sich so ein vom Schicksal gebeutelter Mensch jemals wieder zu Recht finden? Gibt es ein Finden nach dem Umräumen?
Stotternd wird dann vom Betrogenen beteuert, dass die Möpse doch immer, also ganz immer, da drüben standen, neben dem delphinfreundlich gefangenen Thunfisch mit Gemüseeinlage. Ab heute sollen die Mopsaquarien hier stehen? Hier gleich links neben den Sardinen mit Haut und Gräten? Werden sie dann noch dieselben sein?
Emma verzichtet dann darauf, die geringe Gefahr zu erwähnen, dass eventuell das zarte Aroma beim Abgang am Gaumen leiden könnte, dass sich eventuell der liebliche Gesichtsausdruck des Fisches verändern wird, weil er Flipper vermisst.
Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, vor der Emma jedes Mal Versagensängste heimsuchen. Schließlich hat sie die Umstände zu verantworten und muss dafür Sorge tragen, dass ein solcher Mensch wieder eingegliedert wird, dass er wieder Vertrauen in die Regalordnung findet und schon bald wieder ohne therapeutische Hilfe sein Abendbrot selbständig einholt.
Eine solche Rehabilitation kann sich über mehrere Wochen hinziehen.
Immer wieder wird der Patient an den gewohnten Platz im Regal greifen, um enttäuscht festzustellen, dass nichts mehr ist wie es einmal war. Seine Hand wird wild und unkontrolliert nach links und rechts steuern, sein Arm, vom vielen Anheben und Absenken lahm werden. Womöglich zieht er sich ein Schulterleiden zu.
Doch dank Emmas Einfühlungsvermögen, kann er nach ein bis zwei Monaten wieder völlig alleine gelassen werden. Sie bleibt dann immer noch in seiner Nähe, falls es zu Rückfällen kommt. Dezent hält sie sich im Hintergrund und beobachtet die kleinen Fortschritte.
Allerdings gibt es auch die hoffnungslosen Fälle:
Ist ein Kunde austherapiert, wird er in seine alten Verhaltensmuster zurück fallen. Wird sich der Gewohnheit hingeben, die womöglich ein Stück innere Heimat für ihn bedeutet. Dann wandert sein Griff wie einst an den Ort, wo er immer fand was er suchte, und er wird kapitulieren. Von diesem Tag an, wird er Flipper mit Marinade auf den Tisch seiner Co-Abhängigen bringen und Emma den Möpsen schulterzuckend zuflüstern: „ich hab’s versucht“.
Mario (Gast) - 1. Apr, 22:48

Wiedermal ein gelungener Beitrag

Kunde bei Emma zu sein, stell ich mir vor wie das Paradies. ;)

Tante Emma rechnet ab - 1. Apr, 23:14

das Paradies? auch wenn Emma das Feigenblatt vom Mund nimmt?
Danke
Neli (Gast) - 2. Apr, 00:43

Wunderbar

diese ausdrucksstarken Texte. Bitte noch mehr davon, ihr stil macht lesesüchtig ;-)

vierlagig (Gast) - 2. Apr, 02:21

der stil ist wirklich toll, auch wenn die dritte person, die erzählperspektive für einen blog befremdlich scheint ist es absolut favoriten-tauglich, weiter so...
worauf ich aber eigentlich hinaus wollte "nichts wird jemals wieder so sein wie bisher" - man könnte auch sagen "so jung kommen wir nicht mehr zusammen"...habe schon öfters derartige diskussionen, von wegen "das stand doch immer da" mitbekommen und bin meist mit einem breiten grinsen, manchmal auch mit der spitze "hamse ihr zu hause wieder umgeräumt?" vorbei gegangen...zum einen ist es unverständlich wie kunden davon ausgehen können in einer bedürfnis-erfüllungs-anstalt alles immer am selben platz zu finden, zum anderen ist es doch nicht schwer einen mitarbeiter entsprechenden "ladens" nach dem genauen standort zu fragen, ohne dem ein " das stand aber immer da" folgen zu lassen...vielmehr ist ein ernst gemeintes "vielen dank" oder äquivalentes angebracht...in diesem sinne weiter so :)
C. Araxe - 2. Apr, 02:56

Ach, wenn's denn so wäre, dass alles nur einer neuen Ordnung verschuldet wäre ...
Achtung! Jetzt bricht sich vollkommener Kundenunmut Bahn.
Die Auswirkungen von Unterbelegung werden zunehmend nicht nur in Billig-Discountern bemerkbar. Allzu oft steht man überall vor leeren Regalen. Da hat man sich dann schon damit abgefunden, dass der nächstgelegenste Supermarkt allenfalls ein Fünftel der Einkaufsliste befriedigen kann, der zugegebenermaßen mit kleinen Räumlichkeiten auskommen muss und dementsprechend betrifft dies auch die Lagermöglichkeiten (dennoch hat man so seine Zweifel an der Kompetenz der Filialleiterin, die man dann doch sehr oft mit Tätigkeiten oder vielmehr Untätigkeiten beschäftigt sieht, die dann weniger mit einem besseren Service zu tun haben). Aber dann stellt man zunehmend fest, dass es bei anderen Anbietern, bei deren Preisniveau (was soundso an sich nicht mit einem besseren Qualitätsniveau vereinbart wird) auch nicht anders aussieht.
Und nö, ich möchte nicht mit Ihrem Job tauschen, unabhängig davon, dass ich da doch eher etwas misanthrop veranlagt bin, kann ich durchaus nachvollziehen, dass Kunden die Hölle sein können. Also, Sie haben da schon meine Hochachtung und auch wenn Sie es mal selbst als Therapieform in eigener Sache bezeichnet haben, oder auch deswegen, also nö, diesen Strapazen würde ich mich dennoch nicht aussetzen wollen. Wenn ich so lese, wie Sie darüber schreiben, und gerade, weil Sie so gut darüber schreiben können, dann frage ich mich dann doch, warum Sie dieses überhaupt machen.

Tante Emma rechnet ab - 2. Apr, 09:38

Erst mal danke ich für ihren Besuch und hoffe sie haben alles gefunden ;-)
Nein natürlich ernsthaft:Den Kundenunmut,der sich hier den Platz schafft, nehme ich sehr Ernst. Sie sprechen die Problematik sehr treffend an, die hinter all dem steckt. Lagerhaltung ist gleich Null, da jeder Quadratcentimer als Verkaufsfläche genutzt werden muß. Einen zufriedenstellenden Kundenservice kann sich ein Unternehmen nicht mehr leisten, und so wird an den Enden gespart, die Kunde sowie auch Verkäufer unzufrieden machen. Es wird an den wichtigsten Enden gekürzt. Kunde und Angestellter sitzen im selben Boot! Wie Menschen miteinander umgehen, wie unsere Gesellschaft sich immer mehr in eine freie Wildbahn verwandelt,wie wir immer mehr zur Nation der Nörgler und Jammerer werden, das eben spiegelt sich auch in den Verkaufshallen. Die Fähigkeit über sich selbst zu lachen, sich selbst auf die Schippe zu nehmen, ist leider wenig verbreitet. Ihre Frage danach, warum ich diese Arbeit dann eigentlich mache, habe ich erwartet und sie drängt sich förmlich auf. Doch sie ist schnell beantwortet: weil ich das gut kann, weil mich die logistische Herausforderung reizt. Aber auch weil es einfach so ist und die Arbeitplätze schon lange nicht mehr nach Spaß und "daswüdichgern" gewählt werden können. Wieviele geborene Schreiner verkaufen Versicherungen?
Außerdem hege ich die zarte Hoffnung, dass irgendwann eine Umkehr statt finden wird, dass Verkäufer verkaufen, Filialleiter Filialen leiten und dass ich an Tankstellen tanken kann ohne Gefahr zu laufen, meinem Bäcker, meinem Blumenladen, meinem Schuster, in den Rücken zu fallen.
Tante Emma rechnet ab - 2. Apr, 09:52

Herr Vierlagig, ich danke und erkenne den Bruder im Geiste ;-)
Das Umräumen ist lästige Arbeit, die keine Emma der Welt aus Langeweile macht. Schon garnicht um Kunden ist Nirwana zu locken. Es geschieht, und das ist das Paradoxum schlechthin, um dem Käufer immer Neues, immer Aktuelles, immer etwas noch Besseres und Günsigeres anzubieten. Schelte zu ernten für das Gutgemeinte, das tut auch einer Verkäuferseele weh. *grins*
in diesem Sinne, einen schönen Sonntag,
beehren sie mich wieder........
neo-bazi - 2. Apr, 08:58

Der Mensch

ist ein Gewohnheitstier und besonders Rentner und Arbeitslose haben nie Zeit, das sind Tatsachen.
Ich verstehe auch nicht, daß Penny und Lidl (Reeperbahn) gerade Opas Lieblingsartikel immer vor ihm verstecken müssen. ;-)

Andrerseits kommt man so mit den wirklich netten Angestellten besser ins Gespräch. Nur den Filialleiter von Penny (Haltestelle S-Bahn Reeperbahn), den mag ich nicht, der ist oft ganz unfreundlich zu seinen Leuten. Den frag ich nie.

Was mir aber am allermeisten stinkt, sind die Kunden, die ihre Artikel aus dem Kühlregal zwischen Toilettenpapier und Seifenspender dann wieder entsorgen, weil sie sichs mittlerweile anders überlegt haben.

Tante Emma rechnet ab - 2. Apr, 10:00

Herr Bazi ihre Beobachtungsgabe erfreut mich sehr und den Filialleiter sollten sie mal auf seine Unfreundlichkeit ansprechen. Der weiß das nämlich nicht.
honigsaum - 2. Apr, 14:54

Umräumen ist die eine Sache, aber aus dem Sortiment nehmen - ich spreche die Verkäuferinnen darauf meistens nicht an, aber ich habe im Ernst darunter gelitten, dass mein bevorzugter Schwarze-Johannisbeeren-Sirup auf einmal verschwunden ist (ersatzlos übrigens!) und ich ihn jetzt wirklich nirgendwo mehr bekomme. Und ja, ich gehe auch jede Woche in vier verschiedene Geschäfte, um alles zusammenzusammeln.
Sortiment und Lagerhaltung - arme Emma, arme Kunden...
Von den zwanghaften Mopskäufern distanziere ich mich selbstverständlich mit allem Nachdruck!

Tante Emma rechnet ab - 2. Apr, 15:47

Sie waren das mit dem Sirup? ;-)
Nun, da fehlte wohl der nötige Absatz des Artikels. Aber sie sollten die Verkäuferin darauf ansprechen, manchmal bekommt man wenigstens noch Restbestände.
ElsaLaska - 3. Apr, 01:01

Ich hasse es, wenn sie umräumen.

Ich will reingehen in den Scheißsupermarkt, rausgehen. Ich will NICHT drei Stunden herumtrödeln und Waren aus dem Regal nehmen und wieder zurücklegen. Ich will EFFIZIENT einkaufen, und diese Schlurche (natürlich nicht Emma) vereiteln mir dieses Ansinnen, wenn sie einfach ungefragt die Stellplätze von Ananas mit denen von Molcheiern vertauschen. Ich HASSE es.

Iggy - 3. Apr, 16:57

ich hasse das auch,

und zudem bin ich auch noch kurzsichtig und zu eitel, 'ne Brille zu tragen...
Tante Emma rechnet ab - 3. Apr, 20:19

Hätte Emma einen eigenen Supermarkt, würde sie das Carepaket neu erfinden:
Kunde kommt rein, sagt zb: 35/LM/PW/F+/R-
darauf hin reicht ihm Emma eine Tüte mit allem was er braucht, fix und fertig gepackt.
Es gibt verschiedene Pakete in unterschiedlichen Preislagen und für unterschiedliche Bedürfnisse.
35/LM/PW/F+/R- heißt so viel wie: 1x für 35€ LebensMittel/Putz-u Waschmittel/ Fisch ja/ Rosinen nein.
Weiter wird kein Wort gewechselt, Guten Tag und vielen Dank steht natürlich auf der Tüte.
Ach, das wäre ein Traum. Selbstverständlich dürfen Kunden mit Zeit und Expeditionsgeist gerne weiterhin selbst auswählen. Ist die Zeit knapp, die Nerven am Ende gibt es eben eine 15/KS/WSB/Z/Z-/40+
la fille rousse - 6. Apr, 13:00

und was ist eine 15/KS/WSB/Z/Z-/40+? ich habe lange überlegt, aber ich komm nicht drauf!

ich verstehe übrigens nicht, warum es meine frühstücksflocken nur in dem einen laden gibt in dem ich seltener einkaufe, während es alle anderen sowohl in dem supermarkt gibt in dem ich meistens einkaufe (obwohl er weiter weg ist von meiner wohnung, dabei allerdings auf dem weg zur arbeit liegt) als auch in dem den ich nicht so gern mag (der zwar näher an der wohnung ist aber für den ich, wenn ich nach getaner arbeit nach hause komme) extra noch mal aus dem haus gehen bzw. einen umweg gehen müsste.
wieso? wieso??
Tante Emma rechnet ab - 6. Apr, 13:40

Ganz einfach: sie sind nicht mit ihrem Supermarkt verlinkt ;-)

15/KS/WSB/Z/Z-/40+
ist ein Paket für 15€, KnabberSachen/WeinSchnaps/Bier/Zigaretten/alles darf zucker enthalten.
Aber leider sind die teile schon wieder ausverkauft-ist ja auch ein Preisrenner!

Kunden-Identifikation:

Du bist nicht angemeldet.

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Miko (Gast) - 4. Mai, 09:24

Was darf's denn sein?

Geschäft eröffnet seit:

6602 Tagen
Letzte Abrechnung: 8. Jan, 14:33

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