Organisiertes Suppenattentat
So manch eine Gemüsesorte trägt einen Namen, der eher kurios als appetitlich klingt.
Putzig und fast kosenamentauglich wäre da das Navet – Rübchen: ein kleiner violettwangiger Freund der etwas plumperen Steckrübe.
Sieglinde ist wohl die bekannteste aller Kartoffeln und trifft sich gerne mit dem Stuttgarter Riesen in einer großen Schüssel Erdäpfelsalat.
Als Emma mit dem Verkauf von Gemüse noch nicht so vertraut war, irritierte sie so mancher Wortwechsel, bei dem sie schon mal überlegte, ob sie entrüstet ein Hausverbot aussprechen soll:
„Pastinake?“
„Nein, ich spreche nur Deutsch und Englisch.“
„Hammelmöhre.“
„Das find ich jetzt aber nicht nett.“
Der wortkarge Kunde entpuppte sich dann zum Glück als ein Liebhaber aromatischen Wurzelgemüses und bekam natürlich was er forderte.
So war es also höchste Zeit für Emma sich in Sachen Gemüse und ihren Bezeichnungen weiter zu bilden.
Nach eingehender Warenkunde war sie dann auch nicht mehr empört, wenn sich jemand danach erkundigte ob sie Physalis hat.
Sie lernte „Ugli, den Hässlichen“ kennen, der sich als wohlschmeckender Apfel zeigte, erfuhr, dass Topinambur nichts mit Musik zu tun hatte und dass ein Hokkaido alles andere als gefährlich ist.
Doch nicht nur Emma verstrickte sich zeitweise im Gewirr der abenteuerlichen Obst- und Gemüsenamen.
„Haben sie nur so große Hokkaido-Kürbisse?“
Eine schicke Dame stand vor einem Berg herrlich orange leuchtenden Kürbissen, die Emma aufgetürmt hatte, als erwarte sie Münchhausen zu einer seiner großen Taten. Sie war stolz auf die Prachtexemplare, die jeden Medizinball vor Neid hätte erblassen lassen.
„Ja, im Moment haben wir nur die schönen Großen hier.“
„Schade, ich bräuchte ein paar ganz kleine, so faustgroße.“
„Ach, ich verstehe. Sie möchten Kürbissuppe machen und die kleinen als Suppentassen verwenden.“
„Ja genau, wir bekommen am Wochenende Besuch und da möchte ich gerne etwas Besonderes.“
„Eine schöne Idee. Ich kann ihnen bis Freitag aber gerne ein Dutzend kleinere Hokkaidos besorgen.“
„Das wäre nett. Kann ich mich darauf verlassen?“
„Selbstverständlich, kein Problem.“
Emma bestellte für die Kundin faustgroße Hokkaidos und hoffte den ganzen Freitag, dass die Kundin ihre Kürbisse auch abholt. Immerhin scheint es weit verbreitet zu sein, dass Menschen an einer momentan akuten Artikelnot leiden, die nur durch eine Extrabestellung geheilt werden kann. Allerdings verschwindet dieser Zustand meist schon nach Verlassen des Ladens.
Emma sah sich schon dabei, wie sie zwölf Kürbisse aushöhlt. Sie könnte die Weihnachtsbeleuchtung aus dem Keller holen und eine Bio-Lichterkette basteln um gegen Genfood zu demonstrieren.
Ein Herr in dunklem Anzug, riss mit etwas zu viel Schwung die Ladentür auf und blieb im Eingangsbereich stehen. Er wirkte irritiert und hatte wohl schon lange kein Lebensmittelgeschäft mehr von innen gesehen.
Orientierungslos blickte er sich um, während er breitbeinig da stand und seinen mächtigen Schlüsselbund hin und her schlenkerte.
Männer mit großen Autos tun das häufig. Es gibt ihnen in unsicheren Gefilden die Chance auf Aufmerksamkeit. Sie könnten nach dem Betreten des Geschäftes auch laut brüllen:
“Ich fahre hier den dicksten Wagen, also bin auch ich der Erste, der hier bedient wird.“
Emma hatte seinen stummen Ruf vernommen und kümmerte sich gleich um den Nobelkutscher, bevor dieser sich mit dem Schlüsselbund noch verletzte.
„Guten Tag, was kann ich für sie tun?“
Emma versuchte dem Herrn das Gefühl zu geben, er befände sich in einem Autohaus und hätte ihm am liebsten gleich eine Probefahrt mit einem Einkaufswagen angeboten.
Der Kunde schaute misstrauisch nach rechts und links, als wäre es ihm wichtig, dass niemand hört was er zu sagen hatte.
„Ähhm“ räusperte er sich und warf den Schlüsselbund etwas in die Höhe um ihn gekonnt, mit einem lauten „Schnapp“ in seiner Hand verschwinden zu lassen.
Noch einmal schaute er wie ein Agent in geheimer Mission über die Schulter.
„Ja, ich möchte die Al Kaidas abholen.“
Ein Ruck ging durch Emma. „Jetzt nur nicht lachen“, dachte sie.
Dieser James Bond würde weder das ertragen, noch das Berichtigen seiner Gemüsebezeichnung.
Emmas Gesicht war nun genauso ernst, wie das des Agenten in geheimer Kürbismission.
„Verstehe. Das Dutzend. Ihre Frau war hier.“
„Ja, genau. Ich hatte einen Termin hier in der Nähe, deshalb komme ich um die Al Kaidas zu holen.“
Agenten wie dieser, betonen grundsätzlich, dass sie rein zufällig in der Nähe waren und sonst gar nichts mit Einkaufen am Hut haben. Sie fürchten sich regelrecht vor diesem Missverständnis. Emma zeigte sich verständnisvoll und bemühte sich sehr die Angelegenheit so dezent wie möglich über die Bühne zu bringen.
„Folgen sie mir unauffällig.“
Emma hatte große Mühe nicht zu lachen und hoffte, James Bond würde den Namen der Kürbisse nicht mehr erwähnen.
Sie ging mit ihm Richtung Lager und übergab ihm einen Karton. Sie hob den Deckel und deutete auf die zwölf kleinen Hokkaidos:
„Das sind sie.“
„So klein?“
„Ihre Frau wollte die kleinen.“
„Ne, die sind ja winzig. Haben sie keine größeren?“
„Doch ich hab riesige, aber ihre Frau hatte…“
„Wo sind die großen?“
Emma deutete nach vorne zur Gemüseabteilung und folgte James Bond, der mit großen Schritten auf die Münchhausen-Pyramide zusteuerte.
„Ja, das sind Al Kaidas,“ strahlte er nun, als hätte er neue Winterreifen entdeckt.
„Da nehm ich noch vier Stück davon, die Dinger hier sind ja ein Witz.“ Verächtlich blickte er auf den Karton, den ihm Emma abgenommen hatte, damit er sich den großen Kürbissen widmen konnte.
„Ha, da wird meine Frau staunen, wenn sie die sieht.“
„Aber ihre Frau wollte….“
„Ach was, die hier sind viel besser.“
„Ihre Frau hat die kleinen doch extra bestellt.“
Nun zeigte er sich als Mann von Welt, als Kenner der Szene, einfach als prima Typ und nahm, ohne sich nach dem Preis zu erkundigen die Kleinen und die Großen.
Der Suppen-Agent trug stolz die größten Hokkaidos davon, die Emma je hatte.
Was ein anständiges Mannsbild ist, kennt sich mit Al Kaida eben aus.
Putzig und fast kosenamentauglich wäre da das Navet – Rübchen: ein kleiner violettwangiger Freund der etwas plumperen Steckrübe.
Sieglinde ist wohl die bekannteste aller Kartoffeln und trifft sich gerne mit dem Stuttgarter Riesen in einer großen Schüssel Erdäpfelsalat.
Als Emma mit dem Verkauf von Gemüse noch nicht so vertraut war, irritierte sie so mancher Wortwechsel, bei dem sie schon mal überlegte, ob sie entrüstet ein Hausverbot aussprechen soll:
„Pastinake?“
„Nein, ich spreche nur Deutsch und Englisch.“
„Hammelmöhre.“
„Das find ich jetzt aber nicht nett.“
Der wortkarge Kunde entpuppte sich dann zum Glück als ein Liebhaber aromatischen Wurzelgemüses und bekam natürlich was er forderte.
So war es also höchste Zeit für Emma sich in Sachen Gemüse und ihren Bezeichnungen weiter zu bilden.
Nach eingehender Warenkunde war sie dann auch nicht mehr empört, wenn sich jemand danach erkundigte ob sie Physalis hat.
Sie lernte „Ugli, den Hässlichen“ kennen, der sich als wohlschmeckender Apfel zeigte, erfuhr, dass Topinambur nichts mit Musik zu tun hatte und dass ein Hokkaido alles andere als gefährlich ist.
Doch nicht nur Emma verstrickte sich zeitweise im Gewirr der abenteuerlichen Obst- und Gemüsenamen.
„Haben sie nur so große Hokkaido-Kürbisse?“
Eine schicke Dame stand vor einem Berg herrlich orange leuchtenden Kürbissen, die Emma aufgetürmt hatte, als erwarte sie Münchhausen zu einer seiner großen Taten. Sie war stolz auf die Prachtexemplare, die jeden Medizinball vor Neid hätte erblassen lassen.
„Ja, im Moment haben wir nur die schönen Großen hier.“
„Schade, ich bräuchte ein paar ganz kleine, so faustgroße.“
„Ach, ich verstehe. Sie möchten Kürbissuppe machen und die kleinen als Suppentassen verwenden.“
„Ja genau, wir bekommen am Wochenende Besuch und da möchte ich gerne etwas Besonderes.“
„Eine schöne Idee. Ich kann ihnen bis Freitag aber gerne ein Dutzend kleinere Hokkaidos besorgen.“
„Das wäre nett. Kann ich mich darauf verlassen?“
„Selbstverständlich, kein Problem.“
Emma bestellte für die Kundin faustgroße Hokkaidos und hoffte den ganzen Freitag, dass die Kundin ihre Kürbisse auch abholt. Immerhin scheint es weit verbreitet zu sein, dass Menschen an einer momentan akuten Artikelnot leiden, die nur durch eine Extrabestellung geheilt werden kann. Allerdings verschwindet dieser Zustand meist schon nach Verlassen des Ladens.
Emma sah sich schon dabei, wie sie zwölf Kürbisse aushöhlt. Sie könnte die Weihnachtsbeleuchtung aus dem Keller holen und eine Bio-Lichterkette basteln um gegen Genfood zu demonstrieren.
Ein Herr in dunklem Anzug, riss mit etwas zu viel Schwung die Ladentür auf und blieb im Eingangsbereich stehen. Er wirkte irritiert und hatte wohl schon lange kein Lebensmittelgeschäft mehr von innen gesehen.
Orientierungslos blickte er sich um, während er breitbeinig da stand und seinen mächtigen Schlüsselbund hin und her schlenkerte.
Männer mit großen Autos tun das häufig. Es gibt ihnen in unsicheren Gefilden die Chance auf Aufmerksamkeit. Sie könnten nach dem Betreten des Geschäftes auch laut brüllen:
“Ich fahre hier den dicksten Wagen, also bin auch ich der Erste, der hier bedient wird.“
Emma hatte seinen stummen Ruf vernommen und kümmerte sich gleich um den Nobelkutscher, bevor dieser sich mit dem Schlüsselbund noch verletzte.
„Guten Tag, was kann ich für sie tun?“
Emma versuchte dem Herrn das Gefühl zu geben, er befände sich in einem Autohaus und hätte ihm am liebsten gleich eine Probefahrt mit einem Einkaufswagen angeboten.
Der Kunde schaute misstrauisch nach rechts und links, als wäre es ihm wichtig, dass niemand hört was er zu sagen hatte.
„Ähhm“ räusperte er sich und warf den Schlüsselbund etwas in die Höhe um ihn gekonnt, mit einem lauten „Schnapp“ in seiner Hand verschwinden zu lassen.
Noch einmal schaute er wie ein Agent in geheimer Mission über die Schulter.
„Ja, ich möchte die Al Kaidas abholen.“
Ein Ruck ging durch Emma. „Jetzt nur nicht lachen“, dachte sie.
Dieser James Bond würde weder das ertragen, noch das Berichtigen seiner Gemüsebezeichnung.
Emmas Gesicht war nun genauso ernst, wie das des Agenten in geheimer Kürbismission.
„Verstehe. Das Dutzend. Ihre Frau war hier.“
„Ja, genau. Ich hatte einen Termin hier in der Nähe, deshalb komme ich um die Al Kaidas zu holen.“
Agenten wie dieser, betonen grundsätzlich, dass sie rein zufällig in der Nähe waren und sonst gar nichts mit Einkaufen am Hut haben. Sie fürchten sich regelrecht vor diesem Missverständnis. Emma zeigte sich verständnisvoll und bemühte sich sehr die Angelegenheit so dezent wie möglich über die Bühne zu bringen.
„Folgen sie mir unauffällig.“
Emma hatte große Mühe nicht zu lachen und hoffte, James Bond würde den Namen der Kürbisse nicht mehr erwähnen.
Sie ging mit ihm Richtung Lager und übergab ihm einen Karton. Sie hob den Deckel und deutete auf die zwölf kleinen Hokkaidos:
„Das sind sie.“
„So klein?“
„Ihre Frau wollte die kleinen.“
„Ne, die sind ja winzig. Haben sie keine größeren?“
„Doch ich hab riesige, aber ihre Frau hatte…“
„Wo sind die großen?“
Emma deutete nach vorne zur Gemüseabteilung und folgte James Bond, der mit großen Schritten auf die Münchhausen-Pyramide zusteuerte.
„Ja, das sind Al Kaidas,“ strahlte er nun, als hätte er neue Winterreifen entdeckt.
„Da nehm ich noch vier Stück davon, die Dinger hier sind ja ein Witz.“ Verächtlich blickte er auf den Karton, den ihm Emma abgenommen hatte, damit er sich den großen Kürbissen widmen konnte.
„Ha, da wird meine Frau staunen, wenn sie die sieht.“
„Aber ihre Frau wollte….“
„Ach was, die hier sind viel besser.“
„Ihre Frau hat die kleinen doch extra bestellt.“
Nun zeigte er sich als Mann von Welt, als Kenner der Szene, einfach als prima Typ und nahm, ohne sich nach dem Preis zu erkundigen die Kleinen und die Großen.
Der Suppen-Agent trug stolz die größten Hokkaidos davon, die Emma je hatte.
Was ein anständiges Mannsbild ist, kennt sich mit Al Kaida eben aus.
Tante Emma rechnet ab - 7. Mai, 11:33