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Dienstag, 28. März 2006

Warum Paprikaschoten nicht hupen

Neulich beobachtete Emma einen Herrn, wie er minutenlang ums Gemüse herum spazierte und jede der Köstlichkeiten einer handfesten Tauglichkeitsprobe unterzog. Er quetschte hier und drückte da, presste mal fest, mal fester und testete, ob er wohl mit dem Fingernagel geheime Runenzeichen in eine Gurke schnitzen kann.
Besonders bei den roten Paprikaschoten hielt er sich lange auf. Es schien, als faszinierten sie ihn geradezu. Emma musterte den vegetabilen Fetischisten kritisch und ordnete ihn, dank ihrer psychologischen Kundenschnellanalyse, der Kategorie „Von-Mutti-Geschickt“ zu. Es handelte sich um ein Exemplar der Gattung „Ach so sieht ein Laden von innen aus“. Immer wieder erstaunlich wie diese Zeitgenossen auf Parkplätzen überleben, wo sie ungeduldig auf Mutti warten.
Emmas Proband war immer noch an den roten, knackigen Schoten zu Gange. Wieder und wieder griff er mit seinen Pratzen, die nichts von denen eines Gynäkologen hatten, außer dass er damit genauso auf fünf zählen konnte, eine Paprika, hielt sie etwas hoch und begann, sie mit pulsierenden Bewegungen zu traktieren.
Sein Gesichtausdruck erinnerte Emma an das fragende Schauen eines kleinen Jungen, der nicht verstehen kann, warum seine Fahrradhupe keinen Laut mehr von sich gibt.
Plötzlich drang ein schreckliches Geräusch an Emmas Ohr: Ein von saftigem Aufbrechen begleitendes Knacken, das ihr durch Mark und Bein ging. Der Kunde, der anscheinend ein wissenschaftlich interessierter Mensch war und herausfinden wollte, wie unterschiedlich sich die Erhöhung der Spannung auf geschlossene Fruchtstände auswirkt, tat was Emma am meisten hasste: Er meuchelte Gemüse. Jetzt gab es für sie kein Zurück mehr, nun musste sie reagieren, um vor sich selbst zu bestehen. Ihren Groll ließ sie mit den geballten Fäusten vorerst in den Kitteltaschen verschwinden und schritt mutig voran.

„Da kommt jede Hilfe zu spät.“
„Wie?“
„Nun, sie sind tot. Alle.“
„Wie tot?“
„Na ganz tot, die machen keinen Mucks mehr.“
„Die… die sehen aber doch noch so gut aus.“
„Verstehen sie doch, es sind nur noch ihre Zellwände, prall gefüllt mit Vitaminen und Mineralstoffen, aber Leben ist da keins mehr drin. Auch die da drüben, die Tomaten, der Lauch, die Zucchini. Alle miteinander, wie sie hier liegen. Da geht nichts mehr.“
„Wie meinen sie das?“
„Der Bauer hat allen gestern auf dem Acker das Licht ausgeblasen.“
„Der Bauer? Das Licht?“
„Ja, gestochen, erst ein- dann ausgegraben, abgeschnitten, rausgerissen.“
„Also…“
„Ja, aber das ist völlig okay, das ist normal.“
„Sagen sie mal, was reden sie hier eigentlich für Zeug? Wollen sie mich verarschen?“
„Nein, um Gottes Willen!“
„Was soll dann das Geschwätz?“
„Ich wollte ihnen nur sagen, dass es so gar nichts nützt, was sie hier tun.“
„Wie? Was ich hier tu?“
„Na ihre Reanimationsversuche, ich beobachte sie schon seit den Tomaten, wie sie hier Herzmassagen durchführen. Sind sie Arzt?“
„Ach, nein, lassen sie doch den Quatsch, ich wollte doch nur sicher gehen…. Schließlich muss man ja prüfen was man kauft und meine Frau hat gesagt ich soll ja aufpassen dass ich frisches…… Ach, was rede ich überhaupt mit ihnen. Unverschämtheit!“

Entrüstet stampfte der Kunde Richtung Kasse.

Bingo – feixte Emma. Tatsächlich ein „Von – Mutti – Geschickter“.
Ihre Fäuste in den Kitteltaschen lösten sich und sie klimperte leise mit ein paar Centmünzen. Dann ging sie an ihren Spind und steckte eine Münze in ein rotes Plastikschwein.
Am Ende eines Monats zählte sie die Geldstücke immer, und wenn es mehr als zehn waren, leistete sich Emma ein großes Eis mit Sahne, waren es jedoch mehr als zwanzig, machte sie sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft.

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