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Heiße Ware

Ganz gleich auf welcher sozialen Ebene sich der Mensch befindet und unabhängig davon wie groß sein Intellekt ist, er bleibt immer Opfer seiner tiefsten Instinkte.
Eine gute Verkäuferin weiß das natürlich und lernt, dass sie mit dieser Tatsache leben muss. Früher glaubte Emma fest daran, dass ein erwachsener Mensch weiß was er mit Sachen, die ihm nicht gehören machen darf und was nicht. Doch die Jahre lehrten sie das Gegenteil. Hatte sie am Anfang noch den Verdacht, Kinder würden mit den Fingerchen ihr Unwesen treiben, zeigte sich bald wie falsch ihre Annahme war.
Als sie das erste Mal Augenzeugin wurde, wie ein gut gekleideter, sehr wohlriechender Herr mit grau meliertem Haar, genüsslich den Finger in einer lauwarmen Rosinensemmel verschwinden ließ, dachte sie im ersten Moment an den Typen von der Lebensmittelkontrolle. Vielleicht wollte er die angepriesene Frische der Backwaren testen, vermutete Emma und unterließ es ihn anzusprechen. Der Mann stand eine ganze Weile so da, schaute verträumt in die Gegend und wärmte anscheinend nur seinen Finger.
Es stellte sich natürlich heraus, dass es sich nicht um den Kontrolleur handelte sondern um Dr. Pfeiffer, Rechtsanwalt und seit Jahren Stammkunde. Allerdings kaufte er alles nur keine Rosinenbrötchen.
Emma war erstaunt, dass ein Anwalt mit dieser Aktion, tatsächlich alle unter Verdacht stehenden Kinder und Mäuse, entlasten konnte.
Es ist eine unausgesprochene Tatsache, dass nahezu jeder Mensch ein Verpackungsfetischist ist. Die meisten Kunden wissen jedoch nichts davon und meist lässt Emma sie auch unbehelligt, pulen und grabschen.
Für diese Menschen gibt es nichts Aufregenderes als straff gespanntes Zellophan. Besonders das gefühlsechte Material, von dem eine Putenbrust umspannt ist lockt ihn an. Er tätschelt und streichelt über die Oberfläche, entlockt ihr ein zartes Quietschen und drückt behutsam mit der Fingerkuppe eine tiefe Mulde in die Haut.
Aber auch die stabilere Schwester des Zellophans ist begehrt. Stark wie die Bespannung eines Tennisschlägers umgibt sie häufig den legendären Sixpack. Hier wird das ganze Gewicht von sechsmal null Komma drei Litern, nach einem lauten Ploppen, mit einem Finger hoch gehoben und wieder abgestellt. Eine neue Palette „Radelsdorfer Schluckspecht“ ist für manchen ein Eldorado, selbst wenn er Antialkoholiker ist.
Bevorzugt sind in erster Linie alle weichen Dinge. Geschälte und gekochte rote Beete, die in Folie eingeschweißt sind, haben bei den eher hart Gesottenen einen Stein im Brett. Festes Drücken bis der erste Tropfen aus der Schweißnaht quillt, ist dann an der Tagesordnung.
Zärtlicher wird mit dem siebenhundert Milliliter Schwabbelpack Weichspüler umgegangen. Diese Beutel mit neckischem kleinen Schnäuzchen sind absolut robuste Spielkameraden.
Sehr beliebt ist auch Toilettenpapier. Produktdesigner haben hier wirklich ein wahres Meisterwerk vollbracht. Die Papierrollen sind so angeordnet, dass die Mitte einer jeden Rolle gut sichtbar unter dem hautengen Plastik zu sehen ist. Ein Hochgenuss für den Tütenfetischisten, mit Wucht und schnell aufeinander folgenden Bewegungen, in einer Sekunde so viele Löcher zu stechen wie nur irgendwie möglich. Ist er ein geübter Einlocher kommt er in die nächste Runde: Level dreilagig, dann Level vierlagig usw. Versagt er, landet er beim völlig uninteressanten feuchten Toilettenpapier und muss von vorne beginnen.
So beobachtet Emma jeden Tag mehrere Kunden beim Training und nimmt es gelassen. Nur einen Haken hat die Sache: weder Dr. Pfeiffer noch einer seiner Spielkameraden, nehmen ihr Spielzeug mit. Da sie von ihrer Neigung gar nichts wissen und sie völlig unbewusst handeln, greifen sie zu einem noch ganz jungfräulichen Objekt. Vorsichtig bringen sie es an die Kasse und achten darauf, dass es kein anderer berührt. Emma muss dann sehr behutsam mit der Ware sein und ihr Tun wird mit ängstlichen Blicken beobachtet. Dann entschwindet der Sensitive in sein stilles Kämmerlein, um dort unbeobachtet seiner Lust zu frönen.
Emma schmunzelt dann vor sich hin, weil sie weiß, dass wieder ein Pfeifferscher mehr glaubt, seine heimliche Leidenschaft wäre ein großes, verborgenes Geheimnis.
lylo - 5. Apr, 22:41

ein gedicht

für mich, deine geschichten!
;-))
alles liebe von der lylo

lylo - 6. Apr, 11:38

nie wieder

werde ich an einer kasse stehen können, ohne die leute mit diesen augen zu betrachten ;-)
Tante Emma rechnet ab - 6. Apr, 11:42

Mach das, ja, es ist soooo spannend!
caliente_in_berlin - 5. Apr, 22:48

Sie sind so gut zu Ihren Kunden. Da wird einem ganz warm ums Herz :-)

Tante Emma rechnet ab - 5. Apr, 22:52

nun, es nützt ja nichts sich aufzuregen *treuherzigschau*
Aber manchmal, manchmal sehnt sich Emma nach dem Gefühl eines nackten Kundenhalses.....
Geheimnis! Pssst.
caliente_in_berlin - 6. Apr, 11:35

so lange es nicht meiner ist...
synonyme - 5. Apr, 22:57

*Lach*...erwischt...!!!

Eskorte fragile - 5. Apr, 23:11

der herr pfeiffer war bestimmt verkappter gynäkologe :-)

Majoran - 6. Apr, 03:09

Ach ja

Schon merkwürdig was manche Kunden für Leidenschaften haben. Als ich vor ein paar Monaten mal einkaufen war, entdeckte ich im Regal zwei Gläser Pesto, beide wurden geöffnet und halb leer gegessen. Leider habe ich nur noch die Gläser vorgefunden. Ich hätte doch so gern den Genießer auch in einer jpeg datei gebannt. Ich muß mal mein Archiv durchstöbern und den Artikel suchen.
Ansonsten wieder mal ein sehr guter Beitrag.

Tante Emma rechnet ab - 6. Apr, 09:33

es muss sich um zwei täter gehandelt haben. vielleicht ein wettessen. einer alleine hätte nicht zwei gläser halb leer gegessen sondern ein glas ganz. obwohl, wer weiss, vielleicht wollte er die spur verwischen.........man steckt einfach nicht drin!
Sylvia-Maria - 6. Apr, 10:01

Kriminologie...

neee, neee - Prof. Dr. Pfeiffer ist kein Gynokologe... er ist meines Wissens nach Kriminologe und hat auch noch Psychologie studiert. Der rechnet doch jedes Jahr die Statistiken rauf und runter - warum, wer, was aus welchen Gründen tut - vielleicht hätte gerade er eine Erklärung dafür. (Natürlich nur für das Verhalten der "Anderen" - weil.. seines ist ja unter "Freud's Mäntelchen, dem Unbewusstsein versteckt)... tz,tz,tz - nie hätte ich gedacht, dass so etwas auch ein Prof. Dr. Pfeiffer tut. Ich möchte Dir einmal sagen, dass ich sehr gern bei Dir lese... die Wahrheit lustig verpackt.. und jeder liest es gern.. :-)

Sylvia-Maria - 6. Apr, 10:02

Schreibfehler..

wenn jemand in dem o.g. Kommentar einen Schreibfehler finden sollte - kann ihn selbstverständlich behalten.... :-)

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