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Sonntag, 9. April 2006

Ist denn schon wieder Ali Baba?

Das spannendste an Emmas Job, ist die Tatsache, dass sie nie weiß welche Katastrophe heute auf sie wartet. Sicher ist nur, es gibt eine.
Entweder lauert ein Computerproblem, welches den Menschenpulk an der Kasse in einen bösartigen Hornissenschwarm verwandelt, oder einen der Bestellvorgänge lahm legt und Emma dazu zwingt, sich mit einem Bestellbuch im Ausmaß des gesamten Brockhaus, durch die Gänge zu schlagen.
Vielleicht erleichtert sich aber auch nur ein kreislaufschwacher Herr, nach einer Flasche Fusel, im Schirmständer.
Eines der schrecklichsten Ereignisse ist jedoch, das Ausbleiben einer kompletten Lieferung am Samstag. Wenn also nur noch ein paar Flaschen Frischmilch in der Kühlung stehen und sich zwei einsame Eierkartons fragen, ob mit „verlorenen Eiern“ wohl sie gemeint sind.

Als Emma kurz vor Sechs Uhr am Laden ankam und sie nur zwei, anstatt vier Paletten vorfand, war ihr sofort klar, dass sie heute den Tag als wandelnde Entschuldigung verbringen muss. Da half auch der wütende Anruf beim Lieferanten nichts, der die Misere nun ja auch nicht mehr ändern konnte.
Jetzt hieß es also: Unschuldsmine aufsetzen und sich darüber im Klaren sein, dass man unfähig, verlogen und sowieso total unkompetent ist.
Logisch, schon bald werden die ersten Kunden, wie hungrige Säuglinge vor der Kühlung stehen und klagend rufen: „Miiiiiiiiiiiiiiiiilch! Miiiiiiiiiiiilch!“
Sie werden sie wieder süffisant angrinsen, eine Augenbraue zum Vernichtungsschlag heben und spöttisch nachäffen:
„Der Lieferant hat die Ware nicht gebracht“
„Die Lieferung fiel aus!“
Doch jeder Zweite wird ihr deutlich zu verstehen geben, dass sie einfach falsch oder gar nicht bestellt hat, wird ihr ohne es auszusprechen eine Notlüge unterstellen, die ihre eigene Unfähigkeit decken soll.
Ja, Kunden kann man nicht anschwindeln, sie wissen genauestens Bescheid. Sie wissen, dass Verkäuferinnen nur getarnte Saboteure sind. Aus dem Untergrund kommen die Weißkittel, die den Auftrag haben die gesamte Menschheit auszuhungern. Irgendwo haben Kunden mal gelesen, dass es Verkäuferinnen gibt, die Waren in großen Mengen verstecken um einer Umsatzprämie zu entgehen. In Verbraucherzentralen wird darüber informiert, dass es ganz militante Gruppen im Einzelhandel gibt, die nur darauf bedacht sind, sämtliche Molkereiprodukte aus dem Verkehr zu ziehen, damit die Menschen an Kalziummangel zu Grunde gehen.
Also entschloss sich Emma, heute nicht die Wahrheit zu sagen. Nein sie wird Erklärungen finden, die Bestürzung und Mitleid in ihrer Kundschaft hervorrufen werden:

„Es waren ungefähr zwölf maskierte Veganer. Sie haben uns heute früh mit makrobiotischen Waffen bedroht, und die ganze Lieferung entwendet.“
„Schauen sie, ich zittere noch am ganzen Leib. Das war schrecklich, als die Laktosevernichter kamen und die ganzen rechtsdrehenden Joghurts erschlugen. Ich kann von Glück sagen, dass sie meine Milchsäurekulturen nicht entdeckt haben, sonst hätten sie mich womöglich auch noch …..“
Weniger spektakulär, aber genauso einleuchtend, wäre natürlich auch diese Erklärung gewesen:
„Tut mir leid, aber Ali Baba und seine vierzig Räuber waren hier. Ali gibt heute eine Runde Heiße Schokolade aus.“
Aber Emma wollte es heute mal reißerisch, wollte das nackte Grausen in den Gesichtern sehen, wenn sie erfuhren warum es heute keine Milchprodukte gibt. So übte sie noch kurz hinter den Kulissen ihren Text, um dann mutig die Butterbühne zu betreten:
„Tut mir leid, wir haben nichts mehr. Alles ausverkauft. Die Kühlung war rappelvoll vor einer Stunde. Keine Ahnung was heute los ist.“
Ballte sich dann das Kundengesicht langsam zur Faust, griff Emma tief in die Manipulationstrickkiste:
Sie schaute in Agentenmanier links und rechts, winkte mit dem Finger den Kunden näher ran und flüsterte nur so leise, dass auch die anderen Milchwilligen sie hören konnten:
„Drüben bei Klingelbeutel ist die Milch heute im Angebot!“


Tja, so kam es, dass Klingelbeutel wohl seinen Milchumsatz des Jahres gemacht hatte und am Abend Emma freundlich zuwinkte:
„Schönes Wochenende Frau Kollegin. War bei euch auch die Hölle los?“
„Ging so, für Samstag etwas schwach.“
„Also wir sind bis auf den letzten Tropfen Milch ausverkauft heute.“
„Milch? Wird wohl an Ali Baba liegen.“
„Ali Baba? Schon wieder ein Feiertag?“
„Keine Ahnung, aber die erfinden doch immer was Neues.“
Emma winkte mit der Unwichtigkeitsgeste ab und schmunzelte in sich hinein als hätte sie einen schlimmen Lausbubenstreich vollbracht:
„Also Herr Klingelbeutel, ein geruhsames Wochenende wünsch ich ihnen, sie haben es sich verdient.“

Edith: eines war ja wohl klar, die fehlende Milchlieferung kam prompt am Montag.
Zusätzlich, versteht sich!
Ali Baba ist allerdings erst wieder in einem Jahr *seufz*

Freitag, 7. April 2006

Emma Electra

Es ist Freitag, der Kampftag der Woche und der Himmel ist strahlend blau. Die Frühlingstemperaturen steigen und alle sind zu warm angezogen.
Tage wie dieser beinhalten das Paradoxum schlechthin und Emma bereitet sich auf Schlimmes vor.
Obwohl das Wochenende vor der Tür steht und die Wärme so lange vermisst war, werden heute die meisten Kunden schlecht gelaunt sein.
Wer will auch schon bei diesem Wetter den Großeinkauf machen?
Klar, auch Emma hätte gerne etwas anderes geplant für den Tag.
Bitte liebe Kunden, wenn sie heute ihr Kleiderschrank-Orakel falsch beraten hat, sie im Zwiebellook lange in einer Schlange stehen, den Mantel über den Arm gelegt haben, bitte verzichten sie darauf, folgenden Satz auszusprechen:

„Mann, ist das warm da draußen. Das es aber auch gleich so warm werden muss, schlimm, nicht?“
Schulter zuckend wird die Emma am Platze, sich jede Antwort verkneifen und nur freundlich nicken.
„Aber hier, bei ihnen isset ja schön kühl, richtig angenehm, sinn se froh, dass se nich da raus müssen!“

Emma weiß, es ist gut gemeint, aber Emma will WARM, schwitzen, sich die Kleider vom Leib reißen und rufen:
„Es ist Frühling, es ist warm. Mir ist heiß. Ja heiß. Und das ist gut so!“

Donnerstag, 6. April 2006

Senor Ignoranza

Nach einem 12-Stundentag erfährt Emma meist die wundersame Heilung des Feierabends, der schon vor der Tür steht. Dann werden die fahrbaren Leckereiengondeln wieder reingeholt, Straßenreiter mit der aktuellen Werbung zusammen geklappt und meist noch ein Pfund ausgespuckter Kaugummis eingesammelt.
Emma liebt diesen Moment, wo sie die kühle Luft des Abends einsaugen kann und das Wagenklappern in den Ohren, mit dem schon merklich ruhiger gewordenen Lärm nach hause fahrender Autos, zum Schweigen bringt. Jetzt liegt zwar noch eine Stunde arbeit vor ihr, aber die geschieht unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Die letzten Kunden verlassen nur in den seltensten Fällen pünktlich den Laden, daran hat sich Emma schon lange gewöhnt und das ist für sie auch kein Problem. Womit sie sich jedoch nie abfinden wird, ist die Tatsache, dass nahezu allabendlich mindestens Einer, durch das Wirrwarr der Kartonagenrollis und Gondeln zwängt, um noch ins Ladeninnere zu gelangen. Dabei scheut er nicht davor zurück selbst Hand anzulegen, um durch den eigentlich nicht mehr betretbaren Eingang zu gelangen.
Einmal hatte Emma schon den Schlüssel ins Schloss gesteckt und beim Zudrücken der Tür nach hinten geschaut, um sicher zu gehen, dass sich niemand mehr im Laden befinden, als sich ein hagerer Mann durch den Spalt zwängte, freundlich nickte, um dann im Laden zu verschwinden. Sie ließ in gewähren, war er doch der erste heute, der freundlich gegrüßt hatte.
Was häufiger geschieht ist, dass sich beim Schließen der Tür plötzlich ein Fuß dazwischen befindet.
„Machen Sie schon zu?“
„Nein, natürlich nicht, ich übe nur schon mal das Absperren!“
Verdammt, wie blöd kann man eigentlich fragen?
Noch schlimmer ist die Situation, wenn die Tür, glücklicherweise ohne Fußverletzungen, schon verriegelt ist, und sich dann ein Pfannkuchengesicht gegen die Scheibe drückt, dazu wie ein afrikanischer Congaspieler mit den Fäusten gegen das Panzerglas donnert, um dann laut zu rufen:
„Haben sie schon zu?“
Emma nickt dann überdurchschnittlich freundlich und zuckt hilflos mit den Schultern, während sie auf die Uhr zeigt und in Bauchrednermanier murmelt:
„Nein wir haben noch nicht zu, wir lassen nur SIE nicht rein.“ Oder auch:
„Dud mir leid, nix Schlüssel, nur Lade butzen.“ Manchmal aber entweicht Emma ein:
„Könnten sie Hilfe holen, man hat uns hier eingesperrt.“

Hat es ein Kartonhopser oder Palettenschieber dann doch noch geschafft in Emmas Hallen zu wandeln, schließt sie vorsichtshalber die Tür trotzdem schon mal ab. Diese Leute verfügen nämlich über einen Lockstoff, der enorme Wirkung auf freilaufende Menschen hat, die sich noch auf der Straße befinden.
Hatte der Schlangenmensch, auch der kleine Bruder des Hochwassers genannt, eben noch beteuert, er brauche nur noch ganz schnell etwas sehr wichtiges, finden ihn Emmas Augen auch schon, gemütlich einen Einkaufswagen schiebend, wieder.
Jetzt wird es Zeit für ungemütliche Stimmung zu sorgen. Also wird gepoltert, die ersten Lichter erlöschen und Emmas Putzlappen klatscht alarmierend auf die Fliesen. Meist bleibt dies ohne Wirkung und sie muss dann doch etwas nachhelfen:
„Entschuldigung, kann ich ihnen noch etwas helfen?“
Diese Frage versetzt ihn zurück in seine Trotzphase. Jetzt herrscht kalter Krieg. Der Blick ist jetzt eisern in den Regalen verankert, die Mimik täuscht maßloses Interesse an Zutatenlisten vor und jede Bewegung gleicht dem eines Faultieres.
„Nein, danke, ich komm schon zu recht. Ich schaue nur ein wenig.“
„Sie schauen mir jetzt ein wenig zu viel, und ob sie zu Recht kommen oder nicht, das entscheide immer noch ich.“ Das wären jetzt die Worte, die Emma so gerne sagen würde, aber sie verkneift sich diese Antwort genauso, wie die anderen hundertachtundzwanzig des Tages.
Sie weiß, dass jetzt jede Reaktion von ihr die Sache nur noch schlimmer macht und der Typ nie zum Ende kommt. Also widmet sie sich den Arbeiten, die sie schon mal erledigen kann, bis sich Carlos Ignoranza bequemen wird, die Kasse aufzusuchen.
Dort dann endlich angelangt, schaut er verwundert hoch und sondiert total entgeistert den leeren Laden:
„Ach, sie haben ja schon Feierabend. Bin ich etwa der Letzte?“
„Si, Senor Ignoranza, sie sind der Allerletzte!“

Dem geschenkten Gaul…

Emma war nicht immer Fremdenführerin bei der Fress-Safari. Sie hatte auch schon das Vergnügen, in einem kleinen Laden eines Einkaufscenters ihre Studien zu machen, wo es ausschließlich Geschenkartikel gab.
Seither weist Emma ihren ganzen Bekanntenkreis darauf hin, lieber auf Glückwunschbeurkundungen zu sämtlichen Anlässen, zu verzichten.
Geben ist seliger als Nehmen, aber Reduziertes ist immer gut genug.
Unter diesem Motto erlebte Emma, wie Leute Dinge auswählen um anderen eine Freude zu machen. Nämlich total genervt und immer nach der Devise: nur ne Kleinigkeit, die wenig kostet, aber Hauptsache pompös verpackt.
So wurden einzelne Badekugeln zum Fünfzigsten verschenk, allerdings im Spankörbchen, mit Holzwolle ausgefüttert und Plastikblume am Griff. Das „made in Hong Kong" würde selbstverständlich abgepult werden. Es gibt nichts hilfloseres in der Kundenwelt, als einen Menschen, der nach einem passenden Geschenk sucht.
Heute hätte man die technischen Möglichkeiten, dem gekauften Geschenk eine Video-CD beizulegen, auf welcher der Beschenkte minutiös miterleben könnte, unter welchen Umständen, mit welchem körperlichen Einsatz und vor allem, mit welcher Freude, sein Geschenk erstanden wurde.
Selbstverständlich würde Emma den Silberling gerne ohne Wissen des Kunden produzieren und ihn - dezent verpackt - an den Jubilar senden. Dann wäre es nämlich eine gelungene Überraschung für beide Seiten.
Keine Angst, Emma hat bisher immer darauf verzichtet, um Ausschreitungen im Familienkreis nicht unnötig zu forcieren und Massaker unter Freunden und Bekannten zu vermeiden.
Klar ist jedoch, dass nichts schöner ist als das zu verschenken, was man auf keinen Fall selbst und auch kein Anderer haben wollte.
In Emmas schnuckeliger Geschenkboutique gab es immer eine Schnäppchenecke. Dort warteten Teetassen mit einem Sprung, Kerzenleuchter, die nicht mehr wussten in welche Richtung sie mal sollten, Duftsäckchen, denen der halbe Inhalt abhanden gekommen war und jede Menge anderer Sachen, die eben nur noch die Zweitschönsten waren. Doch wenn man eine qualitativ hochwertige Kerze möchte, aber nur den halben Preis dafür zahlen braucht, kann man doch ein paar Macken in Kauf nehmen.
So verfrachtete Emma täglich irgendwelche fast zu Bruch gegangene, oder versehentlich ausgepackte und von Kunden malträtierte Objekte, in ihr „Nimm mich mit“ Eckchen.
Kam ein Geschenksuchender in den Laden, war dies immer die erste Anlaufstelle. Die Wahl fiel dann logischerweise auf das Teil, das am wenigsten beschädigt war. Nun kam aber der eigentliche Akt der Verhandlung:
„Sie, Fräulein, kann man da am Preis noch was machen?“
„Tut mir leid, das haben wir doch schon reduziert.“
„Hmmm, ja, aber das ist hier ja schon ganz zerkratzt.“
„Ja, drum haben wir es ja im Preis gesenkt, und seinen Zweck erfüllt es ja auch mit den Schrammen.“
„Schon, aber es soll ein Geschenk sein. Das kann ich doch so unmöglich verschenken.“
„Nein, als Präsent macht es sich nicht mehr gut, da haben sie Recht.“
„Also machen sie da noch was am Preis?“
„Wie schon gesagt, das hab ich schon reduziert und durch eine weitere Preissenkung wird das Teil seine Macken auch nicht verlieren.“
„Das ist jetzt aber unverschämt und überhaupt nicht kundenfreundlich.“
„Schauen sie, hier haben wir noch jede Menge davon, die sind alle top in Ordnung, ein schönes Präsent wäre das, ich verpacke es ihnen auch gerne hübsch.“
„Pfff, die kosten ja gleich das Doppelte. Kann man da am Preis was machen?“
„Nun, wir können etwas mit dem Hammer drauf klopfen bis die Lackierung absplittert und es dann reduzieren.“
Diesen Satz hätte sich Emma sparen sollen, denn damit brachte sie die Kundin auf eine prima Idee:
Erst verschwand die Kundin mit der Bemerkung, sie müsse sich das noch mal überlegen, aus dem Laden. Etwa eine halbe Stunde später, tauchte die Frau im mittlerweile gut besuchten Geschäft wieder auf. Unauffällig verschwand sie im Gewusel der Suchenden, um nach einigen Minuten mit dem zuvor heiß begehrten Stück an der Kasse aufzutauchen.
Emma hatte Mittagspause und hielt sich im kleinen, an den Laden grenzenden, Lagerraum auf. Durch den Türspalt konnte sie das Geschehen an der Kasse mitverfolgen.
„Sie Fräulein, schauen sie mal. Das ist hier unten etwas zerkratzt.“
„Zeigen sie mal her.“ Erwiderte Emmas Kollegin und blickte fachmännisch auf die Unterseite des Stückes.
„Hmmm, ich weiß nicht, schlimm sieht es nicht aus, aber ich schau mal ob wir noch ein anderes haben.“
„Haben sie nicht, das ist das letzte, die anderen sind alle in blau.“
„Achso, aber die anderen wären alle ohne Spuren und sind doch auch schön.“
„Nein, ich brauche genau dieses hier, es ist schließlich ein Geschenk, und meine Schwägerin mag kein Blau.“
Emma drückte vor Wut die Leberwurst aus ihrem Brötchen und wäre am liebsten in den Laden gesprungen. Da ihr aber dann doch ihr Mittagstisch wichtiger war, lauschte sie weiterhin der Szenerie.
„Kann man da am Preis was machen?“
„Ähmm, also, die Chefin ist gerade in der Pause, ich weiß nicht recht….“
Von der aufdringlichen, langsam pampig werdenden Kundin eingeschüchtert, gab Emmas Kollegin damals 20 % Rabatt auf diesen Artikel.
Natürlich sollte sie das Stück noch schön verpacken. Es gab mit dem Firmenlogo bedrucktes Geschenkpapier, was die Kundin wild fuchtelnd sofort ablehnte.
„Könnten sie mir das bitte in dieses Papier einpacken?“
Die Frau zückte einen Bogen Geschenkfolie aus einer ihrer Tüten. Es war das ebenfalls mit Firmenlogo bedruckte Papier unserer Konkurrenz: „Edel & Fein – Geschenke von Herzen“.
Das hörte sich natürlich besser an als:“Emmas Fundgrube“.
Ein Leberwurstbrötchen später, ging Emma an das Regal, aus dem die raffinierte Schwägerin die Ware nahm, und fand an einer scharfen Kante eines blauen Exemplars doch tatsächlich kleine aufgerollte Farbwürste des vorhin verkauften und reduzierten Stückes.
Emma Watson war stinksauer und wäre sicher noch heute mit ihrer Kollegin verfeindet, hätte diese nicht beim Verpacken, den Aufkleber „Sonderpreis in Emmas Fundgrube“, auf die Unterseite geschmuggelt.

Dem geschenkten Gaul sollte man ab und zu doch mal ins Maul schauen.
In diesem Sinne: Happy Anniversary!

Mittwoch, 5. April 2006

Heiße Ware

Ganz gleich auf welcher sozialen Ebene sich der Mensch befindet und unabhängig davon wie groß sein Intellekt ist, er bleibt immer Opfer seiner tiefsten Instinkte.
Eine gute Verkäuferin weiß das natürlich und lernt, dass sie mit dieser Tatsache leben muss. Früher glaubte Emma fest daran, dass ein erwachsener Mensch weiß was er mit Sachen, die ihm nicht gehören machen darf und was nicht. Doch die Jahre lehrten sie das Gegenteil. Hatte sie am Anfang noch den Verdacht, Kinder würden mit den Fingerchen ihr Unwesen treiben, zeigte sich bald wie falsch ihre Annahme war.
Als sie das erste Mal Augenzeugin wurde, wie ein gut gekleideter, sehr wohlriechender Herr mit grau meliertem Haar, genüsslich den Finger in einer lauwarmen Rosinensemmel verschwinden ließ, dachte sie im ersten Moment an den Typen von der Lebensmittelkontrolle. Vielleicht wollte er die angepriesene Frische der Backwaren testen, vermutete Emma und unterließ es ihn anzusprechen. Der Mann stand eine ganze Weile so da, schaute verträumt in die Gegend und wärmte anscheinend nur seinen Finger.
Es stellte sich natürlich heraus, dass es sich nicht um den Kontrolleur handelte sondern um Dr. Pfeiffer, Rechtsanwalt und seit Jahren Stammkunde. Allerdings kaufte er alles nur keine Rosinenbrötchen.
Emma war erstaunt, dass ein Anwalt mit dieser Aktion, tatsächlich alle unter Verdacht stehenden Kinder und Mäuse, entlasten konnte.
Es ist eine unausgesprochene Tatsache, dass nahezu jeder Mensch ein Verpackungsfetischist ist. Die meisten Kunden wissen jedoch nichts davon und meist lässt Emma sie auch unbehelligt, pulen und grabschen.
Für diese Menschen gibt es nichts Aufregenderes als straff gespanntes Zellophan. Besonders das gefühlsechte Material, von dem eine Putenbrust umspannt ist lockt ihn an. Er tätschelt und streichelt über die Oberfläche, entlockt ihr ein zartes Quietschen und drückt behutsam mit der Fingerkuppe eine tiefe Mulde in die Haut.
Aber auch die stabilere Schwester des Zellophans ist begehrt. Stark wie die Bespannung eines Tennisschlägers umgibt sie häufig den legendären Sixpack. Hier wird das ganze Gewicht von sechsmal null Komma drei Litern, nach einem lauten Ploppen, mit einem Finger hoch gehoben und wieder abgestellt. Eine neue Palette „Radelsdorfer Schluckspecht“ ist für manchen ein Eldorado, selbst wenn er Antialkoholiker ist.
Bevorzugt sind in erster Linie alle weichen Dinge. Geschälte und gekochte rote Beete, die in Folie eingeschweißt sind, haben bei den eher hart Gesottenen einen Stein im Brett. Festes Drücken bis der erste Tropfen aus der Schweißnaht quillt, ist dann an der Tagesordnung.
Zärtlicher wird mit dem siebenhundert Milliliter Schwabbelpack Weichspüler umgegangen. Diese Beutel mit neckischem kleinen Schnäuzchen sind absolut robuste Spielkameraden.
Sehr beliebt ist auch Toilettenpapier. Produktdesigner haben hier wirklich ein wahres Meisterwerk vollbracht. Die Papierrollen sind so angeordnet, dass die Mitte einer jeden Rolle gut sichtbar unter dem hautengen Plastik zu sehen ist. Ein Hochgenuss für den Tütenfetischisten, mit Wucht und schnell aufeinander folgenden Bewegungen, in einer Sekunde so viele Löcher zu stechen wie nur irgendwie möglich. Ist er ein geübter Einlocher kommt er in die nächste Runde: Level dreilagig, dann Level vierlagig usw. Versagt er, landet er beim völlig uninteressanten feuchten Toilettenpapier und muss von vorne beginnen.
So beobachtet Emma jeden Tag mehrere Kunden beim Training und nimmt es gelassen. Nur einen Haken hat die Sache: weder Dr. Pfeiffer noch einer seiner Spielkameraden, nehmen ihr Spielzeug mit. Da sie von ihrer Neigung gar nichts wissen und sie völlig unbewusst handeln, greifen sie zu einem noch ganz jungfräulichen Objekt. Vorsichtig bringen sie es an die Kasse und achten darauf, dass es kein anderer berührt. Emma muss dann sehr behutsam mit der Ware sein und ihr Tun wird mit ängstlichen Blicken beobachtet. Dann entschwindet der Sensitive in sein stilles Kämmerlein, um dort unbeobachtet seiner Lust zu frönen.
Emma schmunzelt dann vor sich hin, weil sie weiß, dass wieder ein Pfeifferscher mehr glaubt, seine heimliche Leidenschaft wäre ein großes, verborgenes Geheimnis.

Dienstag, 4. April 2006

Der Nächste bitte

Ein Kopfradio ist eine prima Sache. Er braucht keinen Strom und Emma hat es immer dabei. Es bedarf nur etwas Phantasie und ein klein wenig Musikalität, und schon hört man mit dem geistigen Schlafittchen, immer genau die Musik, die im Moment am besten passt.
Wenn sich eine lange Kundenschlange vor Emmas Monetenthron windet, fällt ihr manchmal die Filmmusik aus dem Dschungelbuch ein.
Plötzlich schaut ihr dann die Schlange Kaa in die Augen und flötet: „Hör auf miiiich glaube miiir…“
Dann setzt die hypnotische Wirkung auch schon ein und Emma arbeitet Kaa Stück für Stück ab.
Sollten sie also irgendwann das Gefühl haben, die Dame an der Kasse ist irgendwie in Trance versunken, arbeit gemächlich und hat ein entrücktes Flimmern in den Augen- berühren sie die Frau vorsichtig oder fragen sie leise ob sie Mowgli kennt.
Möglicherweise ist diese spontane Klanginspiration ja eine unentdeckte Berufskrankheit.

Da Emma aber eher der Mensch ist, der bei Stress zu Hochform aufläuft und den Pulk Menschen vor sich schnell und zackig abfertigen will, hört sie lieber den Radezki Marsch. Wenn sie besonders gute Laune hat legt sie die Polonaise Blankenese in die Hirnrinde.
Emma findet es dann schade, dass nur sie in diesen Genuss kommt, der ihre Bereitschaft zur Kommunikation und Kontaktaufnahme, immens steigert.
Indessen stehen die Kunden genervt in der Reihe. Jetzt hätte doch jeder Zeit einen kleinen Plausch mit dem Vordermann zu halten. Es könnten Rezepte ausgetauscht werden und manch einer würde vielleicht den Partner fürs Leben finden.
Doch da wird mit dem Blick zu Seite, ganz unauffällig der Einkaufswagen in die Hacken des Vorderen gedrückt. Jetzt wird angestrengt Kopfrechnen geübt und alles, was das Budget vielleicht doch sprengen könnte, in den letzten Regalen vor der Kasse entsorgt. Manch einen ereilt nun der Gedanke an Flucht. Kurz vor dem Ziel rennt er davon und schlägt wie ein Hase Haken durch den Laden. Der verwaiste Einkaufswagen wird von den anderen spöttisch begutachtet und zur Seite geschoben.
Dieses Schlangestehen ist für jeden der blanke Horror. Trotz grimmiger, geröteter Panikattacke auf den Schultern, erreicht auch der Ungeduldigste irgendwann das Ziel. Dann zeigt sich auf die unterschiedlichste Weise, wie Menschen ihren angestauten Stress abbauen.

Es gibt den „Flüchtenden“, der dann hektisch seine Nudelpakete aufs Band zerrt, den Salatkopf so ungeschickt an den Enden hoch zieht, dass dieser dreimal hintereinander wieder in den Wagen plumpst. Den Blätterhaufen verteilt er dann gleichmäßig zwischen allen Artikeln, weil ihm immer ein Salatblatt an der Hand hängen bleibt. Das ganze Fiasko wird von unrhythmischem Trippeln begleitet, während der Flüchtende ständig die anderen Kunden im Auge behält und am liebsten immer zu sagen möchte:“ Bin gleich weg, bin gleich weg, gleich hab ich`s .“
Emma weiß dann schon, dass dieser Kandidat garantiert mit der Ec-Karte bezahlt.
Ein typischer Barzahler ist der „Rächer.“
Er demonstriert mit erhabenen Blick auf die Polonaise hinter ihm: Jetzt bin ICH dran!
Jedes Mal ertönt dann in Emmas Hirnjukebox das Brüllen des MGM Löwen. Der Rächer lässt seinen Blick in seinen Einkaufswagen gleiten und sucht erst einmal bedächtig den ersten Artikel aus, der aufs Band soll. Ist der Rächer kein Vegetarier, wird seine Wahl auf ein frisches Suppenhuhn fallen. Das nackte, unschuldige Geflügel landet brutal, mit einem lauten Knall rücklings auf dem Band. „Selbst erlegt“, möchte er damit sagen, und mit einschüchternder Bestimmtheit, wird er seine Warenpräsentation weiterführen. Doch das große Finale, der ultimative Showdown, folgt beim Bezahlen.
Er zückt das Portemonnaie und schaut noch einmal in die genervte Menge. Dann wählt er den größten Schein den er hat. Vorzugsweise ein Zweihunderter. Als wäre es ein wertloses Stück Klopapier, hält er ihn lässig in der Hand, um den Schein dann galant, zwischen Zeige- und Mittelfinger vom Körper weg, in Richtung Emma zu bewegen.
Emma fällt darauf nicht mehr rein und sie weiß, was nun folgt, stürzt die Leute in nächster Nähe, in Bestürzung. Jetzt gibt der Rächer allen den Todesstoß:
Noch einmal fragt er laut nach der Summe seines Einkaufes. Er wird dann noch zweimal nachfragen, damit Emma die Summe noch lauter nennt und es auch alle hören. Da es an Supermarktkassen nur in sehr seltenen Fällen zu glatten, runden Beträgen kommt, ist das ganze Schlamassel perfekt:
„Ach, Moment, ich glaube das habe ich passend.“
Mit diesen Worten setzt das Blutrauschen in der Schlange ein. Nun sind alle Eins. Jetzt verbindet sie alle nur noch blanker Hass. Während die ersten wieder mit Hackenschieben anfangen, kippt der Rächer den kompletten Inhalt seines Talerleders auf das Band. Handelt es sich um einen ganz üblen Zeitgenossen seiner Art, wird er die Münzen, erst nach Jahreszahlen sortieren und sie dabei gleich, in aufsteigender Reihenfolge, mit der Zahl nach oben, vor Emma aufreihen. Sollte dann noch ein Euro und achtundzwanzig Cent fehlen, wird er in den Hosentaschen nach dem Rest suchen. Wenn diese Aktion erfolglos bleibt, droht er damit seine Frau im Auto noch um Münzen zu bitten.
Zum Glück eskalierte noch nie eine solche Situation, und die Zahl der Verletzten an Supermarktkassen hält sich bekanntlich in Grenzen.
Irgendwann ist auch dieser Racheakt beendet und: „Wir ziehen los mit ganz großen Schritten….“
Und dann kommen die Anderen: Der Jongleur, der sich grundsätzlich weigert einen Einkaufswagen zu nehmen, die Spontane, die von Zwölf Artikeln nur acht, nein sieben, ach was, neun, mitnimmt. Die Schüchterne, die verzweifelt versucht ihre Tamponschachtel mit Lauchstangen zu bedecken, der Korrekte, der jeden Artikel ordentlich mit dem Codestrich nach vorne platziert, ohne zu vergessen die Waren nach Warengruppen zu sortieren. Natürlich gibt es noch den Magier, der aus allen Taschen Geldscheine und Münzen zaubert, um dann doch mit Karte zu bezahlen. Und Familie Mustermann, die gut organisiert aus Auspackfrau, Einpackkind und Zahlmann besteht und erst eine Tarotkarte ziehen will, um zu entscheiden ob die Eier nun im Korb oder in der Kühltasche landen sollen.
Ach, ja. Da gibt es auch noch den kleinen Maxi, der holt jeden Tag für den Papa eine Bildzeitung und für sich eine Gummimaus. Dann zieht Emma schon mal den Groll der Kunden auf sich und holt in der Gemüseabteilung ein paar Salatblätter für Maxis Kaninchen.

Montag, 3. April 2006

Hindenburgs Vermächtnis

Einer ältere Dame, sehr gepflegt und vital, betrat den Laden mit forschem Schritt und steuerte zielbewusst auf Emma zu.
"Guten Tag. Ich möchte nur eine leere Flasche zurückbringen"
Sie kramte in ihrem nach Weichspüler duftenden Stoffbeutel, und reichte Emma eine leere Saftflasche.
Im Gegensatz zu der Dame, war die Flasche in einem weit aus schlechterem Zustand. Emma schaute verdutzt auf das Etikett und glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Zwar war die Aufschrift nicht gerade in Sütterlin, aber sie erkannte sofort, dass sie eine solche Flasche wohl das letzte Mal in ihrer Konfirmandenzeit sah.
"Oh, diese Flasche ist aber....“
Mit dem Charme einer Generalswitwe unterbrach die Leergutfordernde:
"Diese Flasche ist von ihnen. Die habe ich erst kürzlich hier gekauft!"
Emma bewahrte Haltung und nahm das antike Stück entgegen:
"Jaaa, von uns ist sie zwar sicher nicht, denn der Laden existiert erst zehn Jahre, aber das ist kein Problem."
"Doch, doch, wenn ich ihnen das sage, ich kaufe meinen Saft ja immer hier!"
"Ist in Ordnung, sie bekommen ihr Pfand sofort zurück."
Emma tippte schnell die Leerguttaste und gab der Kundin, die sie noch nie zuvor gesehen hatte, 20 Cent Pfand auf die Hand, welche zackig ausgestreckt unter Emmas Nase schnellte.
Frau General schritt elegant nach einer militärischen Linksdrehung aus dem Laden.
Jetzt betrachtete Emma das Etikett der Flasche genauer. Der Inhalt war bis März 1985 haltbar.
Der längst feste und klebrige Staubbelag, lag wie eine stabile Hülle um die Flasche und hätte bei einem Sturz, sicherlich alle Scherben mühelos zusammen gehalten.
Dieser barocke Schutz war also ein beruhigendes Indiz dafür, dass der Kirschnektar noch vor dem Verfallsdatum zum Einsatz kam.
Amüsiert grinste Emma über die Tatsache, dass es immer wieder Situationen gibt, von denen man glaubt, dass sie nur der Phantasie eines Comidians entspringen können.
Das seltene Stück aus Glas landete nach 21 Jahren bei Emma. Eine Flasche für die damals kaum mehr als 10 Pfennige Pfand bezahlt wurden.
"Das nenne ich eine lukrative Geldanlage," dachte Emma und hofft darauf, dass Hindenburgs Mineralwasserkästen, nicht in irgendeinem Keller schlummern.
Gleich hier in Emmas Nähe.


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Sonntag, 2. April 2006

Emma gibt die Rampensau

Zum Putzmittel gibt es einen Schmutzradierer dazu und der 5er Pack Tütensuppe wird von einem kleinen Schneebesen begleitet. Dieser ist dann allerdings so klein, dass man sich glücklich schätzen darf, wenn man die Möglichkeit hat, sich ein maximal sechsjähriges Kind aus der Nachbarschaft ausleihen zu können, damit es für einen das filigrane Rühren übernimmt.
Hat man selbst ein Kind, ist man zwar suppentechnisch klar im Vorteil, muss aber beim Gang in den Supermarkt damit rechnen, nicht das kaufen zu können was man möchte, sondern ist gezwungen jeden Artikel auf Sammelbilder und Plastikspielzeug zu untersuchen. Mütter laufen ständig Gefahr, ein Glas Schokoaufstrich in den Küchenschrank zu stellen, in dessen Deckel, sich ein längst in der Sammlung befindliches Fußballspielerprofil-Aufklapp-Sammelportait mit Internetcode, befindet. Da liegt es auf der Hand, dass Emma schon mal behilflich sein muss um das begehrte Sammelobjekt aufzuspüren. Allerdings zählt Fußball nicht gerade zu Emmas Fachgebiet, und so fragte sie sich Wochen lang, warum ein Mann, den alle nur Rheuma Kai nennen, mit diesen Schmerzen überhaupt noch Profisportler ist.
Es tobt der Preiskampf nirgends so sehr wie in den Supermärkten, und neben diesen vermeintlichen Kostbarkeiten, die an den Artikeln haften, ist sowie so Alles im Angebot.

Der beliebte Doppelpack zum Einzelpreis, mag da eine sehr feine Sache sein, aber nicht wenn ein Kunde nur einen Teil davon möchte. Spätestens dann bricht nämlich Bazarstimmung aus. So kann es passieren, dass ein simples Duschgel dafür sorgt, das gefeilscht wird, als ginge es um das letzte zahnlose Kamel des Eunuchen. Verständlicherweise wird der Kontrahent versuchen das zusätzliche Gratisexemplar des Duschgels zu ergattern. Für lau versteht sich. Mindestens aber, fordert er eine Preisreduzierung um 50% ein, was er mit hektischen, roten Flecken im Gesicht, auch optisch unterstreicht. Emma sind bei Preisverhandlungen dieser Art die Hände gebunden und betont dies im Gegenzug immer wieder. Bleibt der Kunde jedoch hartnäckig bei seiner Forderung, muss Emma die Rampensau geben:
Mit einer Modulation, die jeden Marktschreier vor Neid erblassen ließe, erhebt sie dann ihre Stimme und appelliert an die gesammelte Kundschaft, welche sich seit zehn Minuten kaum noch zu bewegen traute, um das Wortgefecht zu verfolgen:
„ Liebe Kunden, sie haben jetzt die einzigartige Möglichkeit ein erstklassiges Duschbad, mit Meeresalgen und grünem Tee, zum halben Preis zu erstehen. Zum einen haben wir hier einen Doppelpack „Stink Away“ in der praktischen „Squeez Overhead Flasche“ mit Gripmulde und praktischer Duschhakenkordel, und zum anderen steht hier ein Herr, der laut eigener Aussage, vorerst keine Verwendung für die zweite Flasche hat. Wer möchte sich dieses Dusch-Duo mit dem Herrn teilen? Selbstverständlich dürfen sie das Duschgel auch in der eigenen Dusche verwenden. Der Erwerb verpflichtet sie zu nichts, ich werde die Flaschen hier an Ort und Stelle trennen. Bitte, meine Damen und Herren, wer möchte sich, und diesem Kunden hier zu einem prima Schnäppchen verhelfen?“
Einmal meldete sich daraufhin tatsächlich ein junger Mann. Emma trennte den Doppelpack, der Wenigduscher bezahlte den vollen Preis, und der freundliche Duschgenosse gab ihm seinen Anteil. Die Herren prosteten sich mit „Stink Away“ zu und schienen zufrieden.
Was Emma bis heute noch wundert ist, dass keiner der anwesenden Kunden auf die Idee kam, es den Beiden gleich zu tun.
Der Wenigduscher kam noch lange in Emmas Laden und als er einmal eine Zweierpackung Tiefkühlpizza aufs Band legte, fragte sie ihn schmunzelnd: „ Schaffen sie das alleine, oder soll ich mal fragen…?“
Er lächelte verlegen und meinte: „ Danke, Emma, nein das pack ich schon, außer sie möchten mir die Freude machen.“

Samstag, 1. April 2006

Mops-Therapie



Himbeersaft ist wohl das Wichtigste in einem gut organisierten Haushalt. Wer keinen Tropfen dieses köstlichen Nektars in seinen Gourmethallen hat, ist ein Geächteter der Nachbarschaft. Verliert schon bald sämtliche sozialen Kontakte und wird über kurz oder lang in der emotionalen Gosse enden.
Zu diesen exquisiten Mundvorräten zählen natürlich auch: Rollmöpse vorwärts gerollt, Meersalz im 125g Streuer mit Fein- und Grobstreufunktion, Süßrahmbutter mit edler Prägung, damit man sich beim Frühstück in der Gewissheit aalen kann, dass man sich die 50 Cent mehr, absolut wert ist.
Die Liste dieser Güter wäre unendlich fortzusetzen, und Kunden können wahre Wutausbrüche bekommen, wenn sie den gewünschten Artikel nicht sofort, in genau dieser Qualität, Form und Farbe erhalten. Sie drohen mit Heulkrämpfen wenn Emma eine absolut adäquate Alternative vorschlägt. Nein, das geht nicht.
Ein anderer qualitativ hochwertiger Rollmops, bei dem nicht garantiert werden kann, dass er vorwärts gerollt wurde oder etwa mit 5 anstatt 6 anderen in einem Glas rummopst, könnte Aufstoßen hervorrufen oder einen zum Gespött des Turnvereins machen.
Kam es wieder einmal zu einer unvorhergesehenen Sortimentserweiterung, die meist die entsetzlich Folge einer so genannten Umplatzierung hat, ist es für Emma ein Gang nach Kanossa, dem Kunden das gewünschte Produkt von einem anderen Regalplatz zu reichen. Dann geschieht nämlich etwas Schreckliches:
Der Käufer ist in seinem Vertrauen erschüttert, ja, völlig orientierungslos, all seinen Kaufgewohnheiten beraubt. Wie soll sich so ein vom Schicksal gebeutelter Mensch jemals wieder zu Recht finden? Gibt es ein Finden nach dem Umräumen?
Stotternd wird dann vom Betrogenen beteuert, dass die Möpse doch immer, also ganz immer, da drüben standen, neben dem delphinfreundlich gefangenen Thunfisch mit Gemüseeinlage. Ab heute sollen die Mopsaquarien hier stehen? Hier gleich links neben den Sardinen mit Haut und Gräten? Werden sie dann noch dieselben sein?
Emma verzichtet dann darauf, die geringe Gefahr zu erwähnen, dass eventuell das zarte Aroma beim Abgang am Gaumen leiden könnte, dass sich eventuell der liebliche Gesichtsausdruck des Fisches verändern wird, weil er Flipper vermisst.
Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, vor der Emma jedes Mal Versagensängste heimsuchen. Schließlich hat sie die Umstände zu verantworten und muss dafür Sorge tragen, dass ein solcher Mensch wieder eingegliedert wird, dass er wieder Vertrauen in die Regalordnung findet und schon bald wieder ohne therapeutische Hilfe sein Abendbrot selbständig einholt.
Eine solche Rehabilitation kann sich über mehrere Wochen hinziehen.
Immer wieder wird der Patient an den gewohnten Platz im Regal greifen, um enttäuscht festzustellen, dass nichts mehr ist wie es einmal war. Seine Hand wird wild und unkontrolliert nach links und rechts steuern, sein Arm, vom vielen Anheben und Absenken lahm werden. Womöglich zieht er sich ein Schulterleiden zu.
Doch dank Emmas Einfühlungsvermögen, kann er nach ein bis zwei Monaten wieder völlig alleine gelassen werden. Sie bleibt dann immer noch in seiner Nähe, falls es zu Rückfällen kommt. Dezent hält sie sich im Hintergrund und beobachtet die kleinen Fortschritte.
Allerdings gibt es auch die hoffnungslosen Fälle:
Ist ein Kunde austherapiert, wird er in seine alten Verhaltensmuster zurück fallen. Wird sich der Gewohnheit hingeben, die womöglich ein Stück innere Heimat für ihn bedeutet. Dann wandert sein Griff wie einst an den Ort, wo er immer fand was er suchte, und er wird kapitulieren. Von diesem Tag an, wird er Flipper mit Marinade auf den Tisch seiner Co-Abhängigen bringen und Emma den Möpsen schulterzuckend zuflüstern: „ich hab’s versucht“.

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Meine dunkle Seite Ich war schon oft dort Weiß Welchen...
Jemand (Gast) - 22. Apr, 23:49
und wieder mal
habe ich mir die Geschichten durchgelesen, nur um festzustellen,...
tweety-one (Gast) - 19. Feb, 23:53
Büttebütte
Das letzte Mal haben wir von Tante Emma am 28.12.2008...
Miko (Gast) - 4. Mai, 09:24

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